Einige Gedanken & Thesen zur "Sozialen Kompetenz"

  • Soziale Kompetenz (adaptive behavior) bezeichnet den Komplex all der persönlichen Fähigkeiten und Einstellungen, die dazu beitragen, das eigene Verhalten von einer individuellen auf eine gemeinschaftliche Handlungsorientierung hin auszurichten. "Sozial kompetentes" Verhalten verknüpft die individuellen Handlungsziele von Personen mit den Einstellungen und Werten einer Gruppe.
  • Im Arbeitsleben versteht man darunter unter anderem die Fähigkeit, das kooperative Miteinander im Rahmen einer Funktion oder (Team-)Aufgabe positiv zu gestalten und zu beeinflussen.
  • Heute steht die Forderung nach der Berücksichtigung sozialer Merkmale, nach der Erfassung und Förderung des sozialen Teils der Intelligenz verstärkt im Vordergrund. So wird in der (Erwachsenen-)Bildung der Erwerb sozialer Kompetenzen als wichtiges Lernziel angesehen, insbesondere deswegen, weil zum einen die Anforderungen beruflicher Tätigkeit heutzutage mehr den je von Kommunikationsfähigkeiten geprägt sind und zum anderen in Berufsausbildungen gerade dieser Bereich oft ausgespart bleibt. Mittlerweile gibt es allerdings auch berufsbegleitende Studiengänge, die sich dieser Problematik annehmen (z.B. Weiterbildungslehrgang Sozialkompetenz).
  • Eine genaue Festlegung von Verhaltensweisen, die in sozialen Situationen als sozial kompetent angesehen werden können, kann es nach  Zimmer (1978) grundsätzlich nicht geben, da ein Verhalten, das innerhalb eines Milieus eine Person als sozial kompetent darstellt, innerhalb eines anderen Milieus, bei vergleichbaren situativen Anforderungen, als sozial inkompetent angesehen werden kann. Daher gibt es in vielen Beiträgen zu diesem Thema Kataloge von Fertigkeiten, die zumindest teilweise eine gemeinsame Schnittmenge haben.
  • Allgemein zählen zur Sozialen Kompetenz folgende Kenntnisse und Fähigkeiten:
a) im Umgang mit sich selbst: positives Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Urvertrauen, Wertschätzung, Selbstwirksamkeit, Selbstbeobachtung
b) im Umgang mit anderen: Achtung, Anerkennung, Empathie (Mitgefühl bzw. Einfühlungsvermögen), Menschenkenntnis, Kritikfähigkeit, Wahrnehmung, Selbstdisziplin, Toleranz, Respekt, Sprachkompetenz, Interkulturelle Kompetenz, Perspektivenwechsel, systemische Kompetenz
c) in Bezug auf Zusammenarbeit: Teamfähigkeit, Kooperation, Motivation, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit
d) Führungsqualitäten: Verantwortung, Flexibilität, Vertrauen, Vorbildfunktion
e) im Allgemeinen: Emotionale Intelligenz, Engagement, systemisches Denken und Handeln
  • Im Wirtschafts- und Organisationsleben wird der Begriff "Soziale Kompetenz" häufig synonym mit den sogenannten "soft skills" verwendet. Der Begriff der Sozialen Kompetenz ist aber umfassender. Diese Art der Kompetenz gilt auf dem Arbeitsmarkt insbesondere für das mittlere Management als eine Schlüsselqualifikation und beschreibt in diesem Zusammenhang u. a. die Fähigkeit 'Teamgeist' und Motivation in die Zusammenarbeit mit anderen (KollegInnen, KundInnen, Vorgesetzte, MitarbeiterInnen) einzubringen und für gemeinsame Ziele zu nutzen. Als "soziale Kompetenz" gilt auch die erfolgreiche Einwirkung von Vorgesetzten auf die Arbeitsleistung von MitarbeiterInnen.
  • Der Begriff der Sozialen Kompetenz wird insbesondere in der Personalwirtschaft, etwa im Zusammenhang mit Personalauswahl, Coaching, Supervision, Organisationsberatung oder Peer-Leader-Ausbildung verwendet. Es git keine genormte Gruppe von Persönlichkeitseigenschaften und -verhaltensweisen, die der Sozialen Kompetenz zugeordnet werden. Die verwendeten Konstrukte und Testverfahren werden subjektiv gewählt, teilweise auch unterschiedlich in verschiedenen Branchen.
  • Wesentlich für die Soziale Kompetenz ist nach Jens B. Asendorpf die Fähigkeit, die beiden im Prinzip eher "gegensätzlichen" Verhaltensweisen Konfliktfähigkeit und Kooperationsbereitschaft situativ so einzusetzen, dass es möglich wird, eigene Ziele innerhalb sozialer Beziehungen zu erreichen, ohne die Beziehung zu gefährden.
  • Damit wird soziale Kompetenz auch zu einem wesentlichen Faktor zur Erreichung individueller und sozialer Balance.
Literatur:
  • Asendorpf, Jens B. / Banse, Rainer: Psychologie der Beziehung; Huber 2000.
  • Auhagen, Ann E. / von Salisch, Maria: Zwischenmenschliche Beziehungen; Hogrefe 1992.
  • Baumer, Thomas: Handbuch Interkulturelle Kompetenz (2 Bände); Orell Füssli 2002.
  • Deutscher Manager-Verband e.V.: Handbuch Soft Skills; 1. Soziale Kompetenz; vdf Hochschulverlag, Zürich 2003.
  • Faix, Werner G. / Laier, Angelika: Soziale Kompetenz; Gabler 1996.
  • Goleman, Daniel : Soziale Intelligenz. Wer auf andere zugehen kann, hat mehr vom Leben; Droemer 2006.
  • Hinsch, R. / Pfingsten, U.: Das Gruppentraining sozialer Kompetenzen. Grundlagen, Durchführung, Materialien; PVU 2007.
  • Hinsch, R. / Wittmann, S.: Soziale Kompetenz kann man lernen; PVU 2003.
  • Kanning, Uwe Peter: Soziale Kompetenz. Definition, Strukturen und Prozesse; in: Zeitschrift für Psychologie, 210 / 2002 (4), 154-163.
  • Marmet, Otto: Ich und du und so weiter. Eine kleine Einführung in die Sozialpsychologie; Beltz 2000.
  • Neubauer, Annette: Mut zum eigenen Ich. Unterrichtsmaterialien zur Persönlichkeitsentwicklung und Sozialkompetenz; Auer 2003.
  • Roth, Wolfgang: Sozialkompetenz fördern - in Grund- und Sekundarschulen auf humanistisch-psychologischer Basis; Bad Heilbrunn 2006.
  • Sarason, B. R.: The dimensions of social competence: Contributions from a variety of research areas; in: J. D. Wine / M. D. Smye (Hg.): Social competence; Guilford Press 1981.
  • Sarges, W.: Competencies statt Anforderungen - nur alter Wein in neuen Schläuchen? In: H.-C. Riekhof (Hg.): Strategien der Personalentwicklung; Gabler 2006.
  • Straub, Jürgen / Weidemann, Arne / Weidemann, Doris: Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kompetenz: Grundbegriffe - Theorien - Anwendungsfelder; Metzler 2007.
  • Watzlawick, Paul / Beavin, Janet H. / Jackson, Don D.: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien; Hans Huber, 10. Aufl. 2003 (Original: 1969).